Die
Beurteilung der Besucher
und unzähligen Pilger von Köln veränderte sich von der mittelalterlichen
Glanzzeit zu
der
Niedergangs-Epoche enorm.
Karl
der Große hatte die Stadt einstens in seinem Testament "... eleganteste
Braut Christi nach Rom" genannt. In ihrer Blütezeit (siehe 1.2)
wurde
Köln
in Reiseberichten als die "schönste
Stadt im deutschen Lande" und außerdem wegen der
unzähligen
Kirchen und Kapellen und der bedeutenden
Reliquien als das "Hillije (=
Heilige) Coellen" gepriesen. Der
Titel "Sancta" (=
Heiliges
...) im Zusammenhang mit dem Stadtnamen war der Stadt im 12. Jhdt.
als einer
von 4 christlichen Metropolen (neben Rom, Byzanz und Jerusalem)
verliehen worden: "Sancta Colonia
Dei Gratia Romanae
Ecclesiae
Fidelis Filia" (= Heiliges Köln von Gottes Gnaden, der
römischen Kirche
getreue
Tochter). Zum
mittelalterlichen Köln schrieb der italienische Dichter,
Gelehrte und Reisende Petrarca, der 1333 Köln besucht hatte: "Ich
bewundere, wie groß im Barbarenland
die Gesittung, wie schön der Anblick der Stadt, wie gesetzt die
Haltung
der Männer, wie schmuck das Gebaren der Frauen, wie
überherrlich
obschon unvollendet der Dom sind."
Beim Niedergang im
18. Jhdt. (siehe 1.3) galt
hingegen Köln bei vielen Besuchern als eine "abscheuliche
Stadt". Im
Zusammenhang mit der Herausgabe des 7 Bands "Köln
im 18. Jhdt. 1686 - 1794/Köln im Ancien Régime" des Werkes "Geschichte
der
Stadt Köln", herausgegeben von der Historischen Gesellschaft
Köln e. V. und erschienen im Greven-Verlag,
heißt es (Zitat): "Hässlich,
rückständig, voller Bettler und »Pfaffen« – die Urteile der
Reiseschriftsteller des 18. Jahrhunderts über die Reichsstadt Köln
waren vernichtend. Diese erste Gesamtdarstellung der städtischen
Geschichte im Zeitalter der Aufklärung zeichnet jedoch ein
differenzierteres Bild jener bewegten Zeit. Immer
noch besaß Köln große Bedeutung als ökonomisches Zentrum,
Verkehrsknotenpunkt und Nachrichtenumschlagplatz. Nur sehr begrenzt
gelang aber die Etablierung innovativer Wirtschaftszweige, und die
wachsende Verarmung stellte die Stadt vor sozialpolitische Probleme.
Aufgeklärtes Denken und Reformbestrebungen konnten sich gegen die
herrschenden traditionalistischen Mentalitäten und Strukturen nicht
durchsetzen, selbst Protestbewegungen waren ein Ausdruck des Kölner
Konservatismus. Zudem musste sich die Stadt gegen äußere Bedrohungen
behaupten wie die Flut von 1784 oder den westlichen Nachbarn:
Französische Truppen benutzten Köln im Siebenjährigen Krieg als
logistische Drehscheibe und beendeten mit ihrem Einmarsch 1794 die
lange Phase reichsstädtischer Freiheit."
2.
Politische
Entwicklung
Die
mittelalterliche Epoche Kölns lässt sich - wie schon erwähnt -
hinsichtlich ihrer politischen Entwicklung grob aufteilen in die
Perioden
- Frühmittelalterliches
fränkisches Köln von Mitte 5. Jhdt. bis Mitte 10. Jhdt.
- Kurfürstliches
Köln von Mitte 10. Jhdt. bis Ende 13. Jhdt.
- Köln
als Freie Reichsstadt ab Ende 13. Jhdt. (de facto ab 1288, de jure ab 1475) bis in die frühe Neuzeit
(1794)
Siehe
auch unter Ziffer 6 "Statistische
Daten".
2.1
Frühmittelalterliches fränkisches Köln von Mitte 5. Jhdt. bis Mitte 10.
Jhdt.
Nach der Trennung des Römischen
Imperiums in ein West- und ein Oströmischen Reiches (395) kam es zu
einem fortschreitenden
Zerfall des
Weströmischen Reiches. Im Zuge dieses Zerfalls zogen die Römer nach 400
aus Germanien ab. Die Auflösung des Weströmischen
Reiches erfolgte schließlich mit dem Sturz des letzten
Kaisers
476. Ab um 420 wurde die Colnia zunehmend
eine fränkische Stadt und
wurde um 455 von den
Franken besetzt und
ab ca. 460 Residenzstadt
des fränkischen Teilkönigreiches der
ripuarischen
Franken (Rheinfranken) (1. König ab um 460/470:
Sigibert von Köln). Das
Praetorium (Palast des römischen Statthalters) wird
nun als Aula regia (Königshof) genutzt. Viele
der Romanen (=
Nachfolger
der
provinzionalen römischen
Bürger) blieben aber hier wohnen. Die Franken behielten
die
römischen Verwaltungsstrukturen und auch Latein als Amtssprache
bei. Die
heutigen
Kölner sind also - ethnisch gesehen - fränkischen Ursprungs
mit
großen Anteilen römischen Bluts. 507 fiel dieses
fränkische
Teilreich an das 482 durch Chlodwig I begründete
vereinigte Frankenreich der
Merowinger
(Chlodwig soll in Köln als Herrscher aller Franken ausgerufen
worden sein). Die
Stadt erlebte als eine der ganz wenigen
hiesigen römischen Städte
einen
nahtlosen
Übergang von dem antiken Römischen
Köln in eine frühmittelalterliche Stadt und
ein frühmittelalterliches Handels- und kirchliches Zentrum. Mit
dieser Kontinuität
aller Strukturen in Köln unterscheidet sich die Stadt von fast
allen
anderen vergleichbaren deutschen Römerstädten inkl. Trier als
Provinzhauptstadt Galliens und zeitweise spätrömische kaiserliche
Residenzstadt und Mainz als eine der zwei
Provinzhauptstädte
Germaniens. Mit dieser Kontinuität begründet sich vermutlich auch der
spätere Aufstieg
des Mittelalterlichen Köln
zu einer der mittelalterlichen Metropolen im römisch-deutschen Reich
und in Europa. Neben Köln
ist nur für Augsburg, Regensburg und mit Einschränkung Trier ein
durchgehende
Städtestruktur der antiken Stadt belegt.
Bei der Teilung
des Frankenreichs nach dem Tod Chlodwig I (511) fiel Köln an
Austrien und gehörte später zum
Frankenreich der Karolinger. Chlodwig I
ließ
sich nach der siegreichen Schlacht bei Zülpich gegen die Alamannen
(496) um 498 in Reims von Bischof Remigius zum Christen taufen; dies
hatte weitreichende Folgen für die Christianisierung des
Frankenreiches und damit auch des Rheinlandes. 843
fiel Köln mit der Aufteilung des Frankenreiches an das fränkische
Mittelreich (Lotharingien) und
870 bis 911
mit der neuerlichen Aufteilung
an das Ostfranken-Reich der Karolinger. Die Funktion Kölns als Residenzstadt
endet aller
Wahrscheinlichkeit nach mit der Machtübernahme
der Karolinger-Franken im 8. Jhdt..
Nach
einer kurzen Unterbrechung von 911 bis 925
gehörte das Herzogtum Lothringen
mit Köln
und dem Rheinland ab
925
zum Ostfränkischen Reich unter
König Heinrich
I.
Köln wird
damit quasi deutsch.
Es
beginnt der Aufstieg Kölns zur Handelsmetropole.
Das
Ostfränkische Reich war Vorläufer des spätereren Römisch-deutschen
Reichs (ab
962 neues "Römisches Reich", ab
dem 13. Jhdt.
"Heiliges
Römisches Reich" und ab dem 15. Jhdt. - offiziell ab
1512/Reichstag
in
Köln
- "Heiliges Römisches Reich Deutscher
Nation"). Das Kaiserreich begann 962 mit der Krönung des deutschen
Königs Otto I zum Kaiser durch den Papst in Rom und endete 1806 mit
der Abdankung des letzten Kaisers Franz II nach einer vorherigen
Niederlage gegen die Truppen Napoleons. Das Reich war kein Staat im
heutigen Verständnis, sondern eher ein Verbund aus Herzogtümern,
Fürstentümern, Grafschaften und Reichsstädten sowie zeitweise
angegliederten
Königreichen mit dem Kaiser an der Spitze. Entscheidungen
trafen Reichstage und der Kaiser.
Die
erste christliche Gemeinde in Köln wird für das 2./3. Jhdt.
vermutet. Um
313 ist Maternus als erster Bischof
Kölns nachgewiesen
(verbriefte Teilnahme an den Synoden 313
in Rom und 314 in Arles). Das
Bistum Köln wurde 795 durch den Karolinger-König Karl den
Großen (ab 800 Kaiser) zum Erzbistum erhoben. Sein
Berater
Hildebold (Bischof seit ca. 787) wurde erster
Kölner Erzbischof (795 - 818).
In
die frühmittelalterliches
Periode fällt
auch die Gründung der ältesten jüdischen Gemeinde nördlich der Alpen.
Ein Erlass des römischen
Kaisers
Konstantin I von 321 mit der Erlaubnis, Juden in den Stadtrat
aufzunehmen, gilt als Beleg für
die Gründung dieser ältesten jüdischen Gemeinde
im 3./4. Jhdt. in
Köln. Die
erste jüdische Synagoge
Kölns wurde vermutlich in der
Karolingerzeit (ca. 8. Jhdt., vor 780)
errichtet; sie wäre
die älteste nördlich der Alpen. Nach neueren
Ausgrabungsergebnissen gab es womöglich sogar noch früher (4. Jhdt.)
eine Synagoge in Köln. Die
spätere Synagoge inmitten
des
Judenviertels (ab um 1000) wurde
1349 beim Judenpogrom zerstört und 1372 wieder in Betrieb genommen.
Nach der Vertreibung der Juden 1424
wurde die Synagoge
1426 in die
christliche Ratskapelle "St. Maria in Jerusalem" umgewandelt.
2.2
Kurfürstliches Köln von Mitte 10. Jhdt. bis Ende 13. Jhdt.
In dem seit 795 amtierenden
Erzbistum Köln begann 953 in
der Amtszeit des Erzbischofs Bruno I
(953 - 965) der
politische Aufstieg. Bruno (Bruder
des
Königs/Kaisers Otto I) war Erzbischof und zugleich
Herzog von Lothringen. Er war damit als
Erster geistliches und
weltliches Oberhaupt und damit der erste Stadtherr
Kölns mit einer absolutistischen
Herrschaftsgewalt. Er war auch der erste
Fürstbischof Deutschlands. Die Nachfolger
Brunos behielten Teile des Herzogtums und waren damit zugleich
Erzbischof von Köln und Kurfürst des Kurfürstentums Köln
(auch Erzstift Köln oder Kurköln genannt). Dem Kölner Fürstbischof
oblag seit
dem 11. Jahrhundert (1028) das alleinige Krönungsrecht für die
deutschen Könige.
Er
war ab
1031 auf
Dauer
zugleich
Erzkanzler für Reichs-Italien im Römisch-deutschen
Kaiserreich. Der
Kölner Fürstbischof war zu jener Zeit einer der mächtigsten Männer im
Reich. Ab
dem 13.
Jhdt. (bis 1803) gehörte er zu den 7 bedeutendsten Kurfürsten, die den
römisch-deutschen König
(mit der Anwartschaft auf das römisch-deutsche Kaisertum)
küren durften. Nach einem Abkommen von 1657 erhielt zusätzlich der
Mainzer Fürstbischof das Krönungsrecht. Seit dem 11. Jhdt.
hatte der Fürstbischof auch das Münzrecht für sein Fürstentum. 1474 allerdings erhielt die Stadt
Köln ihr eigenes Münzrecht und konnte eigene Münzen prägen. Ein
Höhepunkt dieser
Machtphase fiel in die Amtszeit des Kölner Fürstbischof Konrad von Hochstaden
(1238 - 1261), in dessen Amtszeit die Grundsteinlegung für den Kölner
Dom fiel. Und auch die kirchliche Stellung des Erzbistums Köln war
bedeutend. Zur
Kirchenprovinz Köln
gehörte im Mittelalter
ein riesiges
Gebiet mit dem Metropolitan- (Erz-) Bistum Köln und den
Suffragan-Bistümern Lüttich (bis 1559), Utrecht (bis 1559),
Münster, Osnabrück (bis 1995), Minden (bis um 1648)
und Bremen
(bis 848/870). Eine spätere weitere Hochphase war die Zeit der
Kurfürsten
der Wittelsbacher (1583 - 1761), als die Stadt Köln allerdings längst
Freie Reichsstadt war (s. 3.3).
1074
rebellierten die Kölner
erstmals - allerdings noch erfolglos - gegen die weltliche Macht des
Erzbischofs (Anno II). Dies war war wohl das erste Aufbäumen von
Bürgern gegen ihren Stadtherrn. 1106 nahmen die Kölner Bürger im
Machtkampf um die
Krone zwischen Heinrich IV. und seinem Sohn Heinrich V. Partei für den
erstgenannten ein und organisierten erstmals eine Art
Bürger-Selbstbestimmung. Heinrich IV verlieh den Kölner
Bürgern in diesem Zusammenhang das Befestigungsrecht -
ein wichtiger erster Schritt
zur Entwicklung der Stadt hin zur Freien Reichsstadt -.
Allerdings verblieb die
formale Befestigungshoheit noch beim Fürstbischof als weltlichem
Herrscher. Zunächst gegen den Willen des Stadtherrn begannen
die
Kölner Bürger 1180 mit dem Bau einer großen
Befestigungsanlage, der
großen Stadtmauer. Der Bau
der Stadtmauer wurde
anschließend
vom Fürstbischof legalisiert;
und die Kölner ließen sich den Bau der Mauer vom Kaiser absichern.
Um
1200
bildet sich erstmalig ein Kölner Rat als Organ der
Bürgerschaft neben der absolutistischen Macht des Fürstbischofs (eine
größere Machtentfaltung des Rates folgt im Laufe des 13. und
im 14. Jhdt.). Im
13. Jahrhundert gab es einen langanhaltenden Streit zwischen dem
Erzbischof und den Bürgern der Stadt Köln. Der
machtbewusste Fürstbischof beanspruchte die Stellung
eines höchsten Richters und Landesherrn. Die Kölner Bürger hingegen
pochten auf ihr Selbstverwaltungsrecht. 1258
wurde in diesem Streit unter maßgeblicher Beteiligung von Albertus Magnus, einem der
größten Gelehrten des Mittelalters,
mit
dem sogenannten "Großen
Schied" eine
Einigung erzielt, an den sich der Fürstbischof zwar nur ein Jahr lang
gehalten
hat, der dennoch ein wichtiger Meilenstein zu einer Kölner
Stadtverfassung war. 1262
begehrten
die Kölner Patrizier
bei der Erstürmung
des Bayenturms erneut gegen den Fürstbischof
Engelbert
II auf, der verliert und 1268 aus
der
Stadt vertrieben
wird. Der
Bayenturm (am Südende der Stadtmauer) wird zum Freiheitssymbol der
Kölner Bürger. Am
15.10.1268
kam es zur
Schlacht an der Ulrepforte; der Versuch des Fürstbischofs, in die Stadt
zurückzukommen, wird von den Kölner Bürgern verhindert.
Das 11./12. Jhdt. war geprägt durch "Glanz
und Grauen (und mehr noch dazwichen). Zum Glanz zählte die
Kirchenbaukunst, die zwischen 1150 und 1250 ihr großes Jahrhundert
hatte." (Zitat KStA/04.03.2016 aus dem Band 3 "Köln
im Hochmittelalter 1074/75 -1288" des Werkes "Geschichte
der
Stadt Köln", herausgegeben von der Historischen Gesellschaft
Köln e. V. und erschienen im Greven-Verlag).
.
2.3
Köln als Freie Reichsstadt ab Ende 13. Jhdt. (de facto ab 1288, de jure ab 1475) bis um 1500 und in
die frühe
Neuzeit (bis 1794)
Diese von der der absolutistischen
Herrschaftsgewalt des Kurfürsten befreite Periode lässt sich in
folgende Teil-Perioden aufteilen:
- Köln
als mittelalterliche
Stadt
mit Herrschaft
der Geschlechter
(1288 bis 1396)
- Köln
als mittelalterliche Stadt mit
Herrschaft
der Bürger (1396 bis um 1500)
- Köln
als
Stadt zwischen
Mittelalter und Neuzeit mit Herrschaft
der Bürger
(um 1500 bis 1794)
2.3.1
Köln
als mittelalterliche
Stadt
mit Herrschaft
der Geschlechter
(1288 bis 1396)
Nach mehreren
Auseinandersetzungen mit dem Kurfürsten kam es am
05.06.1288 schließlich zur berühmten und für die
Kölner Bürger und die weitere Entwicklung der
mittelalterlichen Metropole ungemein bedeutsamen "Schlacht von
Worringen" (heute nördlicher ländlicher Randstadtteil Köln-Worringen),
eine der
größten deutschen Ritterschlachten des
Mittelalters.
Die Kölner Bürger kämpften im
Limburger Erbfolgestreit,
von dem Köln eigentlich gar nicht betroffen war, mit
den Truppen des Herzogs Johann von Brabant und seiner Verbündeten
(neben
den Kölner Bürgern insbesondere die Grafen von Berg, Mark und
Jülich) gegen den Grafen Heinrich von Luxemburg und
seine
Verbündeten (insbes. die Truppen des Kölner
Erzbischofs/Kurfürsten Siegfried
von Westerburg
und des Grafen Rainald von Geldern). Es ging dabei auch um die
Vorherrschaft am Niederrhein. Die Brabanter Koalition gewann! Der
Kölner
Fürstbischof verlor nach dieser Niederlage
seine weltliche
Herrschaft
über die Stadt Köln und auch seine Burg in Worringen. Er und seine
Nachfolger mussten die Kölner
Residenz aufgeben
und sie für den Rest von Kurköln außerhalb des
Stadtgebiets neu anlegen. Sie residierten fortan bevorzugt in
Bonn - 1597 urkundlich als "Haupt- und
Residenzstadt" erwähnt - und
in Brühl. In Köln behielten die Fürstbischhöfe nur die
geistliche Macht als Erzbischof. Köln
gehörte nicht mehr zum Gebiet des Kurfürstentums und war
damit de facto ab 1288 Freie
Reichsstadt
(ab 1475 dann auch de jure - nach geltendem Recht -), wobei die Fürstbischöfe dies nie
formal anerkannt haben. Köln
wird als faktisch Freie Reichsstadt ab 1390 auch zu Reichstagen
eingeladen.
Übrigens: Von
Düsseldorf sprach damals noch kaum einer. Düsseldorf, ein
kleines Dorf am Rhein, erhielt 1288 als eine der Auswirkungen des
Siegs der Kölner Bürger an
der Seite des Herzogs von Brabant und seiner Verbündeten bei der Schlacht bei
Worringen vom Grafen Adolf von Berg das
Stadtrecht verliehen, der damit seine Position am Rhein stärken wollte.
Die weltliche Macht in Köln
wurde ab 1288 zunächst von den
Patriziern, den
sog. Geschlechtern, ausgeübt. Es handelte sich also um eine
Oligarchie, eine
Herrschaft von
kleinen reichen Führungsgruppen (hier: Familien des Kölner
Stadtadels). Die
entstehenden neuen
Führungsorgane der Stadt wurden von den Vertretern der wichtigsten
Patrizierfamilien dominiert. Die "Riecherzeche", ein
Verbund der Reichen, war ein Vorläufer eines gewählten städtischen
Rats.
Einige
der
mächtigsten Patrizierfamlien
in jener Zeit waren die Overstolzen
sowie Hardenrath, Kleingedank und Lyskirchen.
2.3.2
Köln
als mittelalterliche Stadt mit
Herrschaft
der Bürger (1396 bis um 1500)
Um
1400 kam es zu einer grundlegenden Änderung der politischen
Machtverhältnisse in Köln. Nach mehreren
innerstädtischen
Konflikten übernahmen ab 1396 auf der
Basis des sog. "Verbundbriefs",
der ersten Kölner
Stadt-Verfassung, die wahlberechtigten Bürger der Stadt, die
in 22 Gaffeln organisiert
waren,
die Macht.
Die Kölner Gaffeln waren eine politische
Vereinigung von Kölner Bürgern und Zünften.
Zu den 22 Gaffeln gehörten die
Gaffeln
der Kaufleute, eine Art Berufsgenossenschafft
und Wahlgemeinschaft, und die Handwerkerzünfte, die
sog. "Ämter". Die Macht lag nunmehr im
wesentlichen beim neuen einheitlichen Stadtrat, für den allerdings
nur die in Köln geborenen Bürger und solche Zugereiste, die
das
Bürgerecht erworben hatten, wählbar waren.
Wahlberechtigte "Vollbürger" im Sinne des Verbundbriefs waren nur
die in
den 22 Gaffeln organisierten selbständigen
Kaufleute
und Handwerker (in der Regel auch nur männliche!), so dass
die oligarchische Herrschaft der Geschlechter in eine - allerdings
wesentlich breiter aufgestellte - Herrschaft der Gaffeln
wechselte. Mit ihren Siegeln unter dem Verbundbrief verbürgten sich die
Gaffeln für die Einhaltung der Regelungen des Verbundbriefes.
Im Jahr 1414
wurden im Rathaus 8 gotische Holzskulpturen
ausgestellt ("Die Kölner Rathaus-Propheten"), die mit Spruchbändern zur
politischen Moral den Ratsmitgliedern ihre Verantwortung gegenüber
Stadt und Bürgern ständig vor Augen führen sollten. Genutzt hat es wohl
nicht immer (s. unter Ziffer 3.3.3). Die "Vorgaben der Propheten" an
die
Ratsherren lauteten z. B.: "Das
gemeine Beste ist dem
persönlichen immer vorzuziehen", "Nimm langsam Rat an, dann eil' zur
Tat" und "Wer für die
Gemeinschaft stirbt, soll ewig leben". (Hinweis: Die Kölner
Rathaus-Propheten waren vom 19.09.2012 - 07.04.2013 Teil einer
Ausstellung im Museum Schnütgen
und werden danach als Leihgabe
dauerhaft dort ausgestellt.)
Der
Verbundbrief blieb mit einigen Modifizierungen
bis 1796, also 400 Jahre
lang, als Kölner
Verfassung gültig. Am
19.09.1475
erhob
Kaiser
Friedrich III. die Stadt Köln mit dem Reichsstadtprivileg nun
auch
de jure zur Freien
Reichsstadt ("des heiligen Reiches freie
Stadt"); dieser Status blieb in der frühen Neuzeit bis zur Besetzung
durch die Franzosen
1794 unangetastet.
Freie Reichsstadt:
Das
Hauptmerkmal der
"Reichsstädte" im Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation)
war deren rechtliche Unabhängigkeit
gegenüber den regionalen
Herrschern (Reichsfürsten). Die Reichsstädte hatten
den Status der
Reichsunmittelbarkeit und waren direkt und nur dem
Kaiser
untertan, an den sie ihre Steuern direkt abführten, dem sie
Heerfolge
zu leisten hatten und von dem sie eine eigene weitgehend
unabhängige Gerichtsbarkeit erhielten. Damit unterschieden sich
die Reichsstädte von den Landstädten, die einem Landesherrn
untertan waren. "Freie Städte" waren Bischofsstädte, die in
etwa die gleichen Privilegien hatten wie die Reichsstädte, aber
gegenüber dem Kaiser eine gewisse Autonomie besaßen, z. B.
außer bei Kreuzzügen keine Heerfolge zu leisten hatten. Ab
dem 15. Jhdt. wurde diese beiden Statusformen unter
dem Begriff "Freie und
Reichsstädte" -
umgangssprachlich
"Freie Reichsstädte" genannt -
zusammengefaßt.
Einige Städte hatten beide Statusformen in sich vereint. Die
Anzahl der Freien Reichsstädte änderte sich im Laufe der
Zeit; maximal waren es 83. Köln: Freie Reichstadt ab 1288
(faktisch) und 1475 (juristisch).
Freie Reichsstädte: max. 83, um 1800 noch 51. Um 1800 waren dies
u. a. Aachen, Dortmund, Goslar, Hamburg, Köln (1794 von Franzosen
eingenommen), Lübeck, Nürnberg, Regensburg, Ulm und Worms.
|

Stadtverfassung
Köln 1396 |
2.3.3
Köln
als
Stadt zwischen
Mittelalter und Neuzeit mit Herrschaft
der Bürger
(um 1500 bis 1794)
In
der frühen Neuzeit nach 1500 blieben in
Köln die
Bürger-Herrschaft auf der Basis des Verbundsbriefs und auch die
mittelalterlichen
Strukturen weitgehendst erhalten. Der
Grund hierfür könnte sein, dass die nie eingenommene und wohl
uneinnehmbare große Stadtmauer die Kölner einerseits abgesichert hat,
andererseits aber auch von neueren Entwicklungen abgeschottet haben
könnte. Ein weiterer Grund
könnte der vorübergehende
wirtschaftliche
Niedergang und
Verfall
der Reichsstadt Ende
17. und im 18. Jhdt. sein. Jedenfalls endete nach 1500 allmählich die
mittelalterliche Glanzzeit der Freien Reichsstadt. Das hing
insbesonders zusammen mit dem Zerfall der
Hanse und der dem 30-jährigen Krieg
(1608
- 1648)
folgenden Wirren, wobei Köln im 30-jährigen Krieg nie ernsthaft
bedroht oder gar eingenommen worden ist. Die
Rheinmetropole hielt sich aus aktiver
Beteiligung am Krieg heraus und wurde verschont. Ganz im Gegenteil
profitierte die Stadt durch ihre Neutralität mit Waffenhandel sowie als
Fluchtburg und Finanztransaktionsplatz, wie eine Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum (14.06. bis
05.10.2014) eindrucksvoll zeigte. Dennoch kam es Ende
des 17. und im 18. Jhdt. zum vorübergehenden
wirtschaftlichen
Niedergang und
Verfall
der Reichsstadt - womöglich mitverursacht durch den Fortbestand der
mittelalterlichen Strukturen -. Der
Abschied vom Mittelalter
dauerte im "heiligen Köln" jedenfalls länger als anderswo und war im
Grunde
genommen erst 1794 mit Einzug der Franzosen zu Ende.
Allerdings
blieb es in diesem Zeitraum nicht friedlich in Köln. So
gab es 1481/1482 einen Aufruhr der Gaffeln gegen den Stadtrat wegen
erheblicher Preiserhöhungen, der jedoch niedergeschlagen wurde.
1512/1513 gab es einen erfolgreichen Aufstand der Gaffeln wegen
fortgesetzter Rechtsbrüche des Rats. Kleine Gruppen sprachen sich im
Rat ab -
heute würde man sagen "klüngelten" - und
beeinflussten so die Entscheidungen des Rats.
Dies führte 1513 zu einer Ergänzung des
Verbundbriefs, dem sog. Transfix-Brief.
Anfang der
1680iger Jahre gab es einen Aufstand einer Opposition unter
Führung des Nikolaus
Gülich
wegen Misswirtschaft und Korruption des Rates, der
zunächst viel Unterstüzung fand, letztendlich aber 1686 mit
der Ermordung des Nikolaus Gülich endete.
Im
16. Jhdt. gab es auch in Köln Reformationsversuche. So kam es zum
Konfessionswechsel des Kölner Erzbischofes und Kurfürsten Gebhard
Truchsess von Waldburg, der das Kurfürstentum Köln (Kurköln), dem
die Stadt Köln ja nicht mehr zugehörte, in ein
weltliches Fürstentum verwandeln wollte. Die
Folge war - ein wichtiges Ereignis in der frühen
Neuzeit - der Kölnische (Truchsessische)
Krieg (1583
- 1588) zwischen Truppen
des zum Protestantentum gewechselten und deshalb
1583 abgesetzten Kölner Kurfürsten Gebhardt Truchsess von
Waldburg mit den in diesem Krieg siegreichen
katholischen bayerisch-spanischen Truppen seines Nachfolgers Ernst
von Bayern. Hierbei
kam es im Juli 1586 in der Nähe der Stadt Köln (im
heutigen Stadtteil Köln-Junkerdorf) zu
einem grässlichen Gemetzel der spanischen Truppen
gegen Privatleute. Der Sieg der katholischen Truppen verhinderte
die Verwandlung von Kurköln in ein
erbliches
protestantisches Fürstentum. Der Nordwesten des Reiches blieb
katholisch! 1617 wurde verfügt (Zitat aus der vorgeannten Ausstellung
im Stadtmuseum), dass "wer
nicht katholisch war, dem wurden die Bürgerrechte verwehrt."
Ende des 18. Jahrhunderts und vor der Franzosen-Zeit bestanden
im Rheinland (Niederrhein) mehrere weltliche und geistliche
Herrschaftsgebiete (die Herzogtümer Kleve, Jülich und Berg und die
Kurfürstentümer Köln und Trier sowie die Reichsstädte Köln und Aachen).
Schließlich
wurde die Stadt Köln 1794 ohne Gegenwehr von den französischen Truppen
Napoleons eingenommen und verlor damit ihren formal seit
1475 im mittelalterlichen
Köln geltenden Status als Freie Reichsstadt,
wobei
zu beachten ist, dass die heutigen rechtsrheinischen Gebiete
Kölns erst ab
1888 mit
den neuzeitlichen Stadterweiterungen eingemeindet
wurden. Die
Franzosen besetzten nach dem sog. 1. Koalitionskrieg 1797 das gesamte
linksrheinische Gebiet des Rheinlandes. Das Mittelalter in Köln war endgültig
beendet. Der
Verbundbrief, die Kölner Stadtverfassung, wurde 1796 - also
nach 400 Jahren - durch die
französische Munizipalverfassung abgelöst.
Mit
dem Einzug der Franzosen in das
Neuzeitliche Köln wurde bezüglich des
vorstehenden Zitats auch
die
Glaubensfreiheit, die es vordem in Köln für Protestanten und Juden
nicht
gab, nunmehr
gewährt.
3.
Mittelalterliche Infrastruktur: Mittelalterliche
Stadtmauer und Bauwerke
3.1 Stadtmauer
Die von 1180 bis um 1260
(Torburgen ab nach 1200) erstellte große mittelalterliche
Stadtmauer mit
einer Länge von knapp 9 km** und einer Höhe von ca. 7,50 m und hatte Bestand bis
1881, bis im Zuge der Industrialisierung
die Ausweitung auf das Neuzeitliche
moderne
Köln
voranschritt. 1883 erfolgte mit der Eingliederung der sog. Neustadt die
1.
Stadterweiterung des neuzeitlichen Köln. Die Kölner
Stadtmauer war die größte mittelalterliche
Stadtbefestigung nördlich der Alpen. Sie enthielt 12 große landseitige
Torburgen und 52
Wehrtürme sowie etliche Pforten zum Rhein (über 20 mit u. a. der
Dreikönigenpforte im Süden und dem Trankgassentor im Norden).
Die
Zahl 12 für die Stadttore war übrigens von den Kölner
Bürgern bewusst gewählt worden, um sich so als
damaliges mittelalterliches
"hillije Köln"
(Heiliges Köln) auf das himmliche Jerusalem beziehen zu können. Vor der
Mauer
befand sich ein über 20 m
breiter Graben, der in der zweiten Hälfte des 14. Jhdt. um
einen weiteren Graben ergänzt worden ist. Aufgrund der
waffentechnischen Entwicklung folgten im späten Mittelalter
weitere Sicherungsbauwerke vor der Mauer: Mitte des 15. Jhdt.
vorgelagerte
Wehranlagen (Bollwerke mit Zwingern zwischen
Torburgen und Bollwerken) und im 17. Jhdt. ein
bastinärer Ring mit 25
pfeilförmigen Bastionen, die mittels sog. Kurtinen verbunden
waren. Zuletzt wurden die Vorfeldeinrichtungen um 1820 von den
Preußen, denen 1815
das Rheinland und Köln zugeteilt worden war, militärisch
modernisiert.
Die
ursprünglich
römische Hauptstraße durch die römischen Stadt (heutige
Hohe Str.) und deren Verlängerungen führte im
mittelalterlichen Köln nun durch die neuen
Stadttore im Norden und Süden (Eigelsteintor und Severinstor). Die
Stadtmauer wurde nachts zuerst von Vertretern der Zünfte,
später von den Kölner Stadtsoldaten bewacht. Ihren
eigentlichen Zweck, eine Einnahme der freien Reichsstadt zu verhindern,
mußte sie zum Glück
nie ernsthaft erfüllen, denn Köln
wurde - nach Wissen des
Autors als einzige Stadt des Reichs -
niemals erobert und besetzt. Auch im verheerenden 30-jährigen Krieg ist
Köln nie angegriffen und eingenommen, die Mauer nicht erstürmt worden.
Wer innerhalb der Stadtmauer wohnte, genoss die speziellen Rechte und
Freiheiten der Stadt. Leider beschlossen die Kölner 1881 im Zuge
der Ausweitung der mittelalterlichen Stadt den Abriss der Mauer - aus
heutiger Sicht ein kultureller Frevel ohnegleichen und übrigens
entgegen dem Rat von Sachverständigen aus Nürnberg, wo deren
vergleichbare Mauer
stehen blieb -. In dieser anderen
mittelalterlichen Metropole Nürnberg haben die Bürger
diesen Frevel verhindert. Man kann sich dort über den heutigen
kulturellen
Gewinn Überzeugen! Die
Preußen, zu deren Gebiet Köln seit 1815 gehörte,
sorgten dafür, dass wenigstens einige Stadttore erhalten geblieben
sind. Wäre die mittelalterliche Stadtmauer in ihrer Gesamtheit erhalten
geblieben, würde sie heute sicherlich zu
den Weltkulturerbestätten gehören.
Die
große mittelalterliche Stadtmauer umfasste
das mittelalterliche Köln mit
- seiner
östlichen Grenze am Rhein und
- seiner halbkreisförmigen
Grenze im Verlauf der heutigen Ringstraße.
Die
Mauer umfasste also die heutige
Kölner Altstadt
("Altstadt" ist hier als kommunaler Begriff für die Stadtteile Altstadt/Nord
und Altstadt/Süd
im Stadtbezirk Innenstadt gemeint;
im heutigen Sprachgebrauch wird als "Altstadt" zumeist das
Vergnügungsgebiet um
Heumarkt/Alter Markt/Rheingarten verstanden). Der Verlauf der großen
mittelalterlichen Stadtmauer ist also in der Trasse der heutigen
kölntypischen halbkreisförmigen Ringstraße vom Theodor-Heuß-Ring
als nördliches
Ende am Rhein bis zum Ubier-Ring
als südliches Ende am Rhein noch zu
erkennen. Die vorherige römische Stadtmauer
umfasste
das römische Köln und
damit das Kerngebiet der späteren mittelalterlichen
Stadt. Das
römische Straßennetz und deren mittelalterlichen Verlängerungen sowie
der Verlauf der mittelalterlichen
Mauer prägen noch heute die Struktur der Kölner
Innenstadt.
Von
dem
halbkreisförmigen Ring dieser
mittelalterlichen Stadtmauer sind als kulturelle Denkmäler im
Stadtbild erhalten:
die drei großen
Stadttore
- Eigelsteintor
im Norden (Ebertplatz), durch das die
Nachfolgesstraße
des früheren römischen
Cardo Maximus
(der Nord-Süd-Achse durch das römische
Köln) und dessen Verlängerungen Eigelstein/Marzellenstraße im
Norden durchführte
- Severinstor im Süden (Chlodwigplatz), durch das die
Nachfolgesstraße
des früheren römischen
Cardo Maximus und dessen Verlängerung Severinsstraße im
Süden durchführte
- Hahnentor im Westen
(Rudolfplatz), das dem Vernehmen nach
aus
historischen
Gründen
erhalten blieb, weil im Mittelalter durch dieses Tor die in
Aachen gekrönten
Könige zum
Besuch der Reliquien der Heiligen drei Könige im Dom in Köln eingezogen
waren, und hinter dem die heutige Aachener Straße in der Trasse der
römischen Fernstraße nach Westen
führte
sowie
von Norden nach Süden
- das
Kunibertstürmchen
("Weckschnapp") am nördlichen Ende der Mauer (am Rhein)
- ein
Mauerabschnitt und
die Gereonsmühle (Mühlenaufbau auf einem Wehrturm) am heutigen
Gereonswall
im
Nordwesten
- ein
Grabenfangteil in Nähe
des
heutigen Friesenplatzes im Westen (ausgegraben in einer Tiefgarage)
- Wehrtürme
und Mauerabschnitte in
Nähe
der Ulrepforte (Sachsenring)
- die
Ulrepforte (ein Stadttor mit
Mühlenaufbau aus dem 15. Jhdt., umgebaut Ende 19. Jhdt.) im
Südwesten
- die
Bottmühle im
südlichen Mauerteilstück
(Mühle auf
einem stadtseitigen
Wehrplateau ("Bott") in der Mauer)
- der
Bayenturm
an der
Süd-Ost-Ecke der Mauer am Rhein (in Nähe des heutigen
Rheinauhafens)
Von
den rheinseitigen Pforten ist nichts mehr erhalten.
Diese
Denkmäler werden leider größtenteils
vernachlässigt
und nicht angemessen gepflegt. Sie werden überwiegend den
Kölner Bürgern und den vielen Besuchern der Stadt
nicht angemessen oder gar nicht präsentiert.
Siehe hierzu Mängelliste
Kölner Denkmäler
3.2 Bauwerke
In der mittelalterlichen
Blütezeit Kölns entstanden an bedeutenden
historischen Bauwerken
insbes.
- der gotische Kölner Dom
(Grundsteinlegung 1248) -
das Wahrzeichen Kölns - und ein Ensemble Romanischer
Kirchen (10. bis 13 Jhdt.), die zusammen mit dem Dom die
Bedeutung Kölns als Kulturstadt
entscheidend
mit prägen
- die große
mittelalterliche Stadtmauer (Teile erhalten; s. 2.1)
- der Gürzenich
(mittelalterliches Festhaus)
- das Rathaus (mit
Turm und
Renaissance-Laube)
- das Overstolzenhaus
und andere historische Häuser
- das frühchristliche Baptisteriums
(Taufhaus mit Taufbecken aus
dem ca. 6. Jhdt. n. Chr.) an der Dom-Ostseite
und einiges mehr. Siehe auch
Themenseiten Kölner
Bauwerke und Kölner Denkmäler.
11 der 12 erhaltenen
Romanischen
Kirchen waren im Mittelalter Kloster-
oder Stiftskirchen. Daneben sind einige der mittelalterlichen Pfarrkirchen
erhalten
geblieben, die bis 1802 in unterschiedlicher Weise
von den Stiften/Klöstern abhängig waren (Köln hatte seit
dem Mittelalter mit
19 eine ungewöhnlich große Anzahl Pfarreien der katholischen
Kirche! Zum Vergleich: Augsburg und Trier je 6). Die erste
jüdische Synagoge in Köln wird auf das 9. Jhdt. datiert. Die
Juden
hatten seit Anfang des 4 Jhdt. in Köln
die größte jüdische Gemeinde in Deutschland; Köln
war im 13./14. Jhdt. geistiges Zentrum des deutschen Judentums, bis
schlimmerweise die Juden
1424 auch aus Köln vertrieben wurden.
Von der Residenz der Erzbischöfe, die seit 953 zugleich
Kurfürsten von Kurköln und bis 1288 weltliche Herrscher von
Köln waren, fehlt bis auf wenige - nicht zugängliche -
Mauerteile jede Spur. Der erste Palast aus vermutlich dem 9. Jhdt. lag
an der Südseite des alten karolingischen Doms. Um 1164 wurde ein
neuer Palast an der Südseite des Domhofs errichtet. Nach der Schlacht bei Worringen 1288, nach
der
der
Fürstbischof aus Köln vertrieben worden war, wurden die
späteren großen Residenzen der Kölner Kurfürsten in Bonn und Brühl gebaut.
4. Die
Handelsmetropole
Das mittelalterliche
Köln hatte das Privileg, einerseits
aus den Traditionen einer Römerstadt und einem Bischofssitz
(seit
Anfang 4. Jhdt., seit 795 Erzbischofssitz) hervorgegangen zu sein,
andererseits aufgrund
seiner hervorragenden Verkehrs-Infrastruktur (insbes. der Lage an einem
großen
Strom und im Zentrum von Fernstraßen) eine hervorragende Lage für
den Fernhandel zu haben. Köln hatte
also Merkmale
aufzuweisen, aus
denen sich -
vor allem nach
der Zuteilung des Herzogtums Lothringen (mit Köln) zum
Ostfrankenreich im 9. Jhdt. und in Verbindung mit
dem
Stapelrecht von
1259 - im
Hoch- und Spät-Mittelalter die große
wirtschaftliche
Bedeutung als Handelsstadt ergab. In
dieser Epoche hatte Köln eine
enorme wirtschaftliche und politische Machtstellung und war Drehscheibe des
Fernhandels
nördlich der Alpen. Die hervorragende
Verkehrs-Infrastruktur
hat
sich bis in's
heutige moderne Köln
erhalten. Köln
war aber nicht nur
Handelszentrum, sondern auch Produktionszentrum und handelte mit
Alltagsgütern und Kunstschätzen. "Kölsch"
oder "Kölnisch" wurde zu einem Markenbegriff (= Zitat
Museum
Schnütgen,
Ausstellung "Glanz und Größe des
Mittelalters").
Die wirtschaftliche
Blütezeit
Kölns (vor allem als Handelsmetropole)
begann im 10. Jhdt. und hatte ihren Höhepunkt im 12. - 15. Jhdt.. Im 11. Jhdt.
waren Mailand,
Köln und Venedig die ersten großen Handelsstädte
... und waren hierbei auch Schaltstellen des kulturellen Austauschs.
Für den
Handelsplatz Köln hatte das
der Stadt 1259
vom Erzbischof Konrad von Hochstaden verliehene Stapelrecht
eine sehr große Bedeutung. Im
Hoch- und
Spätmittelalter hatte die Stadt eine
enorme wirtschaftliche und politische Machtstellung und war Drehscheibe und
Warenumschlagsplatz des
Fernhandels
nördlich der Alpen. Hierbei wurde Köln, wie schon erwähnt, durch die
Lage am Rhein und im
Zentrum von Fernstraßen begünstigt.
Im
16.
Jhdt. wurde dann Antwerpen zeitweise zur wichtigsten Handelsstadt
Europas.
Im 30-jährigen Krieg
(1608
- 1648) ist Köln nie ernsthaft
bedroht oder gar eingenommen worden ist. Ganz
im Gegenteil
profitierte die Stadt durch ihre Neutralität mit Waffenhandel sowie als
Fluchtburg und Finanztransaktionsplatz.
Köln hatte im
Mittelalter eine eigene Längenmaßeinheit (Kölner Elle) und
ab
dem 11. Jhdt. eine eigene Gewichtsmaßeinheit (Kölner
Mark). Die
Kölner Mark war im Mittelalter die wichtigste deutsche
Grundgewichtseinheit
und wurde 1524 als Grundgewicht für die Münzprägung im
Heiligen
Römischen Reich deutscher Nation festgelegt. Bis 1857
bezogen sich
die Reichs- und viele Landesmünzordnungen auf die Kölner Mark. 1474
erhielt die Stadt das Münzrecht und konnte eigene Münzen prägen, ein
Recht, dass bis dahin seit dem 11. Jhdt. nur dem Kurfürst/Erzbischof
zustand,
der seine Münzen nach
der Vertreibung 1288 außerhalb prägen ließ.
Plätze
Eng verbunden mit Köln als Handelsmetropole sind die großen
mittelalterlichen Plätze zu erwähnen: die
historischen Altstadt-Plätze Heumarkt und Alter Markt mit einer
2000-jährigen Geschichte. Diese heutigen - zur
lebhaften Altstadt-Szene im neuzeitlichen
Köln zählenden - großen Altstadt-Plätze lagen im frührömischen
Köln
noch im Gebiet eines Rhein-Nebenarms. Nach dessen Verlandung ab
vermutlich Mitte des 2. Jhdt. wurde aus
diesem Gebiet ein großer Platz, der mit dem Bau der erzbischhöflichen
Münze im 10. Jhdt. in zwei Plätze aufgetrennt wurde (mit den späteren
Namen Alter Markt
und Heumarkt). Dort entstanden Handwerkssiedlungen und ein große
Marktplatz.
Von diesen zwei großen Plätzen ist vor allem der Heumarkt zu
erwähnen. Eine Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum (10.12.2016
- 14.05.2017)
zeigte die Bedeutung dieses riesigen Platzes von der Römerzeit bis
heute. Der Heumarkt wurde im Mittelalter ein großer Marktplatz und
Handelszentrum. Er war mittelalterliche
Hinrichtungsstätte, Ort für Auftritte der mittelalterlichen Kaiser, ein
nobles Wohnviertel mit
vielen mittelalterlichen
Prachtbauten
und
ab 1580 Standort der Kölner Börse. In der frühen Neuzeit und bis heute
wurde der Heumarkt Ort für die
unterschiedlichsten Veranstaltungen. Der Heumarkt wird heute u. a.
genutzt als einer der großen Kölner
Weihnachtsmärkte, als zentraler Veranstaltungsort am CSD-Wochenende,
als Weinmarkt im Frühlung, für Karnvalsveranstaltungen
am 11. im 11. und zu Weiberfastnacht, für die 1- Mai-Kundgebungen und
viele andere politischen Veranstaltungen, als Treffpunkt bei
sonstigen großen Ereignissen in
Köln und vieles mehr. Außerdem ist der Heumarkt der Eingang in die Altstadt-Szene
mit ihren vielen Gaststätten und Brauhäusern sowie die Einkaufsmeilen.
Und der Alter Markt liegt direkt nebenan. Leider ist dieser riesige
Heumarkt in seiner südlichen Ecke von den Nazis mit einer Verkehrsachse
zerschnitten worden, eine Bausünde, die leider bisher nicht beseitigt
worden ist. Heute zerschneidet eine Stadtbahntrasse dort den Platz und
nimmt ihm etwas von seiner Größe.
In unmittelbarer Nähe des Alter
Markt befindet sich seit der Stadtgründung das politische und
kulturelle Zentrum der Stadt. Im römischen
Köln befand sich westlich des Platzes (anfangs des vorgenannten
Rheinarms) das Praetorium, der Palast und Sitz des Statthalters
und politisches Zentrum der
Colonia. Im Mittelalter und auch in der Neuzeit steht am Platz des
römischen Praetorium das Kölner Rathaus mit dem imposanten
Rathausturm. Ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Alter Markt befinden
sich die bedeutendsten Museen der
Stadt: das Wallraf-Richartz-Museum, das Museum Ludwig, das
Römisch-Germanische Museum und (im Bau) das "MiQua.
Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln".
Stapelrecht
Im
Mittelalter wurden
die
vom Meer über den Rhein herangebrachten Waren vom Schiffstyp Niederländer
(geeignet für die große Wassertiefe des Niederrheins) auf die Oberländer
(geeignet für die geringere
Wasssertiefe des Mittel- und Oberrheins) umgeladen. Für den Handelsplatz Köln hatte das der Stadt 1259
vom Erzbischof Konrad von Hochstaden verliehene Stapelrecht
eine sehr große Bedeutung, denn damit
mußten
fortan alle auf insbes. dem Transportweg Rhein, aber auch auf dem
Landweg transportierten Waren in Köln zwangsweise abgeladen
(„gestapelt") und anboten werden. Die Durchfahrt
der Schiffe wurde durch ein Gitter im Rhein unterbunden. Köln und die
Kölner Kaufleute hatten
durch diesen Zwangsumschlag auf diese Waren ein 3-tägiges
Erstzugriffsrecht. Damit
wurde die Stellung der Stadt als Drehscheibe der europäischen
Warenströme
gefestigt. Das Stapelrecht wurde erst 1831 von den Preußen als
Folge der
Beschlüsse auf
dem Wiener
Kongress
(1815) aufgehoben.
Hanse
Von 1383 (erste Teilnahme Kölns am
Hansetag) bis 1669
(letzte Teilnahme am Hansetag) war Köln Mitglied der Hanse, einer
Organisation
von Kaufleuten in
Fernhandels-Städten,
der im Mittelalter (14. - 16. Jhdt.) rund 70 große
und über 100 kleinere Städte (insges. bis zu 200) in mehreren Ländern
angehörten. Zitat Wikipedia: "Insgesamt
gab es rund 200 Orte, die zu irgendeinem Zeitpunkt direkt oder indirekt
der Hanse angehörten. Der Zeitpunkt der Betrachtung ist entscheidend,
denn Aus- und Eintritte, Zusammenschlüsse und Verfeindungen waren an
der Tagesordnung. Beim letzten Hansetag
1669 in Lübeck
waren nur noch neun Städte vertreten: Lübeck, Hamburg,
Bremen,
Braunschweig,
Danzig,
Hildesheim,
Köln,
Osnabrück
und Rostock."
Handelstage
gab es seit 1356 bis zum letzten Treffen 1669.
Köln nahm
1383
erstmalig an einem Hansetag der Städte-Hanse teil.
5.
Die
Pilgerstadt
Von großer
religiöser
und zugleich wirtschaftlicher Bedeutung für
das Mittelalterliche Köln war, dass
Köln mit 500 000 Pilgern/Jahr zusammen mit Rom und dem
nordspanischen Santiago de Compostella eine der 3 bedeutendsten
Wallfahrtsorte in jener Zeit war. Es war auch einer der zentralen Sammelpunkte der
Pilgerwege
zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago
de Compostella ("Jakobsweg"). Das mittelalterliche "Sancta Colonia" (Heiliges Köln, kölsch "Hillijes
Köln") war aufgrund seiner
unvergleichlichen Sakrallandschaft und seiner vielen Heiltümer und
der damit
verbundenen religiösen Bedeutung ein großer
Anziehungspunkt für die Pilger.
Diese mittelalterliche
Sakrallandschaft Kölns
bildeten die
sehr vielen - zum Teil
einzigartigen - Kirchen und Kapellen und die im damaligen Deutschland
mit
Abstand größte
Zahl an Pfarrbezirken der
katholischen Kirche (19). Um 1500 sollen es mehr
als 300
Gotteshäuser gewesen
sein. In
einem mittelalterlichen Reisebericht hieß es: "... soviel
wie das Jahr Tage hat". Zitat Förderverein
Romanische Kirchen/Nov.
2010: "Bis zum Umbruch
im 19. Jhdt. gab es 168 öffentliche Kirchen und
Kapellen und fast ebenso viel private und Kloster-Kapellen.". Herzstück der einzigartigen
Kirchenlandschaft waren die großen Stifts- und Klosterkirchen. 11
dieser Kirchen bilden das
heutigen Ensemble der 12 großen Romanischen Kirchen
Kölns. Die Stifte und Klöster hatten eigene Rechte in der frühen
mittelalterlichen Stadt.
|
Den unvergleichlichen mittelalterlichen Reliquienschatz der Sancta Colonia bildeten vor allem
- die 1164 nach Köln überführten Gebeine der Heiligen
Drei Könige im Kölner
Dom - siehe Abschnitt D/Daten
-, die ja auch als 3 Kronen in das Stadtwappen
aufgenommen wurden sowie noch heute in städtischen Urkunden enthalten
sind und z. B. mit dem Wappen und Figürchen die Amtskette des
Oberbürgermeisters zieren,
- die
1121 gefundenen und seitdem verehrten (vorgeblichen) Reliquien des Hl. Gereon und seiner Gefährten und
- die im 12.
Jhdt. gefundenen (vermeintlichen) Gebeine der legendären Heiligen Ursula
und ihrer laut
der Legende 11 (später 11000) Begleiterinnen, ebenfalls im Stadtwappen
verewigt, sowie
- unzählige weitere Reliquien von Heiligen wie St. Severin u. a. und wie zuvor auch der
Petrusstab und Teile
der Petruskette (heute in der Dom-Schatzkammer).
|
Pilger aus ganz Europa
suchten vor allem die "Spitzen-Reliquien" als Heiltümer auf. Der
mittelalterliche
Reliquienschatz Kölns in Kirchen
und
Kapellen soll mehr als 800 Heilige enthalten haben und
war nach Rom der
größte aller europäischen
Wallfahrtsorte.
Der
Titel
"Sancta Colonia" im Zusammenhang mit dem Stadtnamen führte Köln
seit dem 12.
Jhdt.
als eine
von 4 christlichen Metropolen (neben Rom, Byzanz und Jerusalem) ("Sancta
Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia
– Heiliges
Köln von Gottes Gnaden, der römischen Kirche getreue Tochter"). "Heiliges
Köln" war ein gängiger Begriff im Mittelalter.
Vor allem die Reliquien der Hl. Drei Könige im Kölner Dom als
Wallfahrtskirche gehörten für
unzählige einfache Pilger und auch für die europäischen
gekrönten Häupter und Fürsten zum Pflichtprogramm. Die
Könige und Fürsten haben wohl über die damals an der
Ostseite des Doms gelegene Kirche St. Maria ad
gradus (Baubeginn vor 1075) den Dom betreten bzw. verlassen. Eine
Art Pilgerweg war auch die sog. Krönungsstraße vom
nahegelegenen Aachen nach
Köln (innerhalb Kölns die heutige Aachener Str.), über
die
im Mittelalter die im Aachener Dom vom Kölner Erzbischof gekrönten
deutschen Könige
nach
Köln zu den Reliquien der Heiligen Drei Könige pilgerten. Der
weltberühmte Schrein der Heiligen drei Könige wurde von 1190 bis um
1230 durch
den Goldschmied Nikolaus
von
Verdun erstellt. Daneben waren die Reliquien der Hl. Ursula bei den Pilgern begehrt. Die
vielen
Gräberfelder und die unerschöpfliche Quelle der Ursula-Reliquien führte
außerdem im
Hoch-Mittelalter zu einem beträchtlichen Reliquien-Handel und -Export
in
den
typischen hölzernen Kölner Ursula-Büsten.
Die Reliquien der Hl.
Drei Könige waren
für die
Stadtentwicklung Kölns im Mittelalter von großer Bedeutung. Sie galten
als
ungemein wichtige Reliquien und führten zu großen Pilgerströmen nach
Köln und waren maßgebend für die Entwicklung Kölns
zur Pilgerstadt. Und sie waren
Auslöser für
den Bau des gotischen Kölner Dom, der heute der größte Touristenmagnet
Kölns ist!
Die Reliquien sollen der Legende nach von der Heiligen Helena (Mutter
des römischen Kaisers
Konstantin) bei einer Palästina-Reise 326 dort aufgefunden und nach
Konstantinopel (heute Istanbul) gebracht worden sein. Von hier
gelangten sie später (ca. 5 Jhdt.) nach Mailand und sind in dort in der
Capella dei Magi der Basilica
di Sant'Eustorgio erstmals
geschichtlich
erwähnt. 1162 wurden sie eine Kriegsbeute
des
Kaisers Friedrich I Barbarossa nach der Einnahme des
Widerstandszentrums Mailand. Barbarossa schenkte
diese Reliquien dem Kölner Erzbischof Reinald von Dassel
(EB 1159 - 1167) in
dessen Funktion als Reichskanzler
für Italien und engstem Vertrauten, der dieses
Geschenk 1164 von
Mailand nach Köln überführte. Nach einer -
historisch zwar nicht belegten, aufgrund der sakralen und städtischen
Bedeutung dieser Kirche im Mittelalter aber durchaus plausiblen - Legende sollen diese
Reliquien 1164 durch den
romanischen Vorgängerbau des heutigen gotischen
"Dreikünnije-Pötzje"
(Dreikönigen-Pforte) neben St.
Maria im Kapitol in diese Kirche und damit den Kirchenraum Köln
eingeführt worden
sein. 1903 wurden Teile dieses wertvollen Reliquienschatzes nach
Mailand zurückgegeben.
Nach Ansicht der meisten
Historiker
gibt es wenig bis keine belastbare historische
Nachweise für die
Hl. Drei Könige und
damit auch nicht für deren Gebeine. Sie sind nur einem der 4
Evangelien, dem
Matthäus-Evangelium, erwähnt und werden dort "Magi" (Weisen) genannt
(ohne die Zahl 3!). Hieraus leitete sich die frühere Benennung "Weisen
aus dem Morgenland" ab. "Könige" (zunächst ohne Zahl, später 3 Könige
und sodann sogar mit Namen) wurden sie es
erst viel später. Und es gibt keinerlei
historischen Belege für die Existenz der Hl. Ursula und damit deren
Geschichte. Damit handelt sich bei den Königen
höchstwahrscheinlich und bei Ursula sicher um Legenden. Wenn
man bedenkt, dass es damit für die
beiden mittelalterlichen Kölner "Spitzen-Reliquien" wenig bis keine
Nachweise gibt, gab
es im
Mittelalter in Köln offenbar geniale
- heute würde man
sagen -
Touristik-Marketing-Manager. Das mittelalterliche Köln wurde nicht
zuletzt deswegen eine Pilger-Hochburg und ein Zentrum des
Reliquienhandels.
Die
erste christliche Gemeinde in Köln wird für das 2./3. Jhdt. vermutet.
Im Jahr 313 ist mit Maternus der erste Kölner Bischof
verbrieft und
bei den Ausgrabungen unter dem Kölner Dom sind Reste eines ersten
Gebetsraums aus dem 4. Jhdt. gefunden worden. Zur römischen Zeit dürfte
es auch eine erste jüdische Gemeinde gegeben haben. Ein Erlass des römischen
Kaisers
Konstantin I von 321 mit der Erlaubnis, Juden in den Stadtrat
aufzunehmen, gilt als Beleg für
die Gründung der ältesten jüdischen Gemeinde
nördlich der Alpen im 3./4. Jhdt. in
Köln.
6. Statistische Daten
Köln existiert seit um 19 v.
Chr. als befestigte Siedlung und ab 50 n. Chr.
(= Bezugsjahr für die 2000-Jahr-Feier Kölns!) mit den Stadtrechten
einer
Colonia (Stadt römischen Rechts). Andere Städte
römischen Ursprungs feiern übrigens ihr Jubiläum in Bezug auf ihre
Gründung (wie 1984 das 16
v. Chr. gegründete Trier); bei gleicher - eigentlich richtigen -
Vorgehensweise hätte
Köln schon 1981 dieses Jubiläum
begehen sollen.
Die Gründer Kölns sind
- der römischen
Statthalter und
Feldherr Agrippa, der um 19 v. Chr.
die Ubiersiedlung Oppidum
Ubiorum gegründet hat, und
- der Princeps Augustus,
der
zum Zeitpunkt der
Gründung der Ubiersiedlung das Römische Imperium regierte und die
Siedlung
ab ca. 7 v.
Chr. zur späteren Größe und Bedeutung ausbauen
ließ, sowie
- der römische
Kaiser Claudius, der auf Veranlassung
seiner im Oppidum
Ubiorum geborenen
Frau Agrippina Köln 50 n. Chr. die Stadtrechte einer
Colonia mit dem Namen "Colonia
Claudia Ara Agrippinensium" verliehen hat.
Oftmals wird wegen Beteiligung an
der Verleihung des Rangs einer Colonia auch Agrippina
als Stadtgründerin genannt.
Einwohner-
und Flächenentwicklung
Kölns bis zur
frühen Neuzeit
Epoche
|
Jahr
|
Einwohner
|
Fläche
(ha)
|
Anmerkung
|
römisches
Köln
|
*
|
ca.
20 000 (bis 40 000) *
|
97
|
<
*
römische Blütezeit
|
mittelalterliches
Köln
|
um
940
|
|
122
|
nach
Abschluss der 1. mittelalterlichen Stadterweiterung
|
1106
|
ca.
12 000 |
223
|
nach
der 2. mittelalterlichen Stadterweiterung |
1180
|
ca.
20 000 - 30 000 |
401
|
nach
der 3.
mittelalterlichen Stadterweiterung |
ab
13. Jhdt |
um
40 000 |
|
1500
|
um
40 000 |
|
frühes neuzeitliches
Köln
mit noch mittelalterlichen Strukturen
bis um 1794
|
1670 |
37
000 |
|
1794 |
44
500 |
770
|
mit
Grenzen nach der französischen Besetzung |
1816 |
49
300 |
1815
Eingliederung in Preußen |
Gesamtentwicklung
unter Kölner Stadtgeschichte |
Quelle:
Fläche und Einwohner amtlichen Zahlen
(Statistisches Jahrbuch 2012 der Stadt Köln -
Einwohner ab Ende des Mittelalters! -. Hinweis: Alle
Einwohnerzahlen
- auch aus amtlichen Quellen - vor dem späten Mittelalter (vor 15.
Jhdt.) sind als grobe Schätzungen anzusehen. Genauer sind hingegen die
Flächenangaben.
Mittelalterliche
Herrschaftstrukturen in Köln zusammengefasst
- 953 - 1288
absolutistische
Herrschaftsgewalt der Fürstbischöfe als geistliches und zugleich
weltliches Oberhaupt (ab um 1200 mit
Organen der
Bürgerschaft)
- 1288 - 1396 oligarchische Herrschaft der
Geschlechter (einige Patrizierfamilien) in
einer de facto Freien Reichsstadt
- 1396 - 1794 Herrschaft der Bürger (Herrschaft der in den Gaffeln organisierten Kaufleute und Zünfte) auf der Basis des
Verbundbriefes von 1396 und ab 1475 auch de jure in
der
Freien Reichsstadt Köln, die erst mit der Besetzung durch die Franzosen endete
Politische
Zugehörigkeiten Kölns in seiner über 2000-jährigen
Geschichte im Überblick
- um 19 v. Chr. bis um
420/spätestens um 455 n. Chr.: antikes Römisches
Imperium (ab 50
n. Chr. in dem Status einer Colonia)
- um 455 bis 962: fränkische Reiche
- 962 bis 1794: Römisch-deutsches
Kaiserreich (ab 15. Jhdt.
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation)
- ab Mitte des 10. Jhdt.
innerhalb des Kurfürstentums Köln (Kurköln),
- ab 1288 de facto und ab
1475 de jure als Freie Reichsstadt
- 1794 bis 1814 nach der Besetzung
durch die Franzosen: Französisches Reich (offizielle Eingliederung:
1801)
- 1815 bis 1871: Königreich
Preußen (bis 1866 im Deutschen
Bund)
- 1871 bis 1918: Königreich
Preußen (im Deutschen Kaiserreich)
- ab 1918: deutsche Republiken
(seit 1949 Bundesrepublik
Deutschland/Bundesland Nordrhein-Westfalen)
Das
Kurfürstentum Köln
exisierte von Mitte des 10. Jhdt. bis 1801/1803 (aber faktisch ab der
Schlacht von Worringen 1288
und juristisch ab 1475 ohne das
Stadtgebiet Kölns).
Ein Hinweis
für engagierte
Kölner im modernen "Wettstreit" mit der rheinischen Nachbarstadt:
Ein Nebenergebnis der Schlacht von Worringen war, dass der
mitsiegreiche Graf von Berg 1288 dem damals noch kleinen unbedeutenden
Anwesen Düsseldorf die Stadtrechte verlieh; anders gesagt waren die
mitsiegreichen Kölner Bürger indirekt an der Gründung
Düsseldorfs beteiligt.